Madeleine, das Schreiben der Verwundeten

 

 

Hallo Madeleine, weißt du noch, dass es einst von   Airfix  diese  Flugzeuge gab, Panzer und Plastiksoldaten und natürlich auch die kleinen Farbtöpfe der Marke Enamel? Humbrol hieß der Hersteller. Man konnte die Bordkanonen  anmalen und die Maschinengewehre. Alles flog  in die Tonne, als   ich beschloss, den Kriegsdienst zu verweigern, dazu passte kein Kriegsspielzeug. Die Farbtöpfe behielt ich, sie standen Jahre  im Keller und der Rost fraß an den Deckeln, so wurden sie alle gleich rostbraun. Nachdem sie  wie  aus Gewohnheit  Jahrzehnte  im Kellerschrank standen, gab es auch keinen  Grund mehr, sie wegzuwerfen.

Vor etwa zehn Jahren kaufte  kaufte ich eine Box-Kamera  aus den 50er Jahren, um meine Sammlung abzurunden,  vor ein paar Wochen probierte ich sie aus. Zuvor spannte ich die Federchen nach, putzte die Linse, schnitt mir einen Tragegriff zurecht, schmierte Rostumwandler auf das Gehäuse und suchte nach schwarzem Lack. Da fielen mir die  Enamel-Farbtöpfe ein. Als ich sie aber öffnete, stieg der Duft von Farbe  und Petroleum auf,  ein ganz eigener Duft, den heute keine Farbe mehr hat und, o Madeleine:

Plötzlich war alles wieder da. Der Rauch steigt aus dem Motor der Messerschmitt 109. Schwarze Schwaden beißen in mein Gesicht, ich muss husten, im höchsten Diskant kreischt die Kurbelwelle auf, das dumpfe Tackern der Bordkanonen.  Die Maschine trudelt,  die Landschaft kreist, ich ziehe den Steuerknüppel hoch, die Nase zeigte noch einmal nach oben, der Propeller steht, aber ich bin beinahe unten,  tief pflügen die Räder über die Erde und die Maschine kommt zum Stehen, ich steige aus. Überlebt. Auf meinem verrußten Gesicht haben die Tränen weiße Spuren hinterlassen.

Nein, nie etwas wegschmeißen, weil allem Existierenden noch einer, wenigstens ein magischer Moment inne wohnt.

 

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