Bahnsinn Teil IV. Love me, Gender

Bahnsinn Teil IV. Love me, Gender.

 

ICE, Kassel-Wilhelmshöhe. Offenbar klafft meine Einsamkeit so, dass eine Nachbarin versucht, sie aufzufüllen. Sie ist jung, hat aber Geld und lässt das sorgsam unter den Schlitzen ihrer Bescheidenheit hindurchblitzen. Wir bringen ihr dreijähriges Kind vom Quengeln zum Spielen und sitzen ein Weilchen am Zug-Fenster und reden über Kinder, was man immer tun kann, wenn man Kinder hat, so wie man über Fußball redet, wenn man Fußball hat, oder über das Wetter redet, wenn man Wetter hat.

 

 

Aber darüber wollte ich nicht schreiben, sondern lieber etwas über Semiotik. In den Neunzigern war das die hippe Theorie auf den Universitäten. Sie erforschte die Wechselwirkung zwischen Zeichen und Dingen und kam wie üblich zu dem Ergebnis, dass es eine Wechselwirkung zwischen Zeichen und Dingen gebe. Wie die aussieht, wusste die Theorie nicht, und hütete sich auch es herausfinden, denn dann wäre sie ja überflüssig geworden. Mitsamt den ganzen Lehrstühlen. Außerdem war gerade die Postmoderne angebrochen, in der es keine Wahrheiten mehr zu geben schien. Immerhin hatte die Semiotik die Spaßguerilla hervorgebracht mit folgender Überlegung: Wenn wir schon nicht die Hoheit über die Zeichen haben, dann müssen wir die erste Zuschauerreihe besetzen und denen hinter uns erklären, was die Zeichen wirklich bedeuten. Im Kino sind solche Leute immer die beliebtesten. Friedrich Hölderlin hatte – mal wieder – völlig unverstanden und mal wieder 200 Jahre zu früh den besten Beitrag aller Zeiten über Zeichen geschrieben: „Ein Zeichen sind wir: deutungslos“ Jetzt erkenne ich, was die Zeichen sind. Das Weiße zwischen den Buchstaben.

 

 

„Was sind Zeichen?“ „Das Weiße zwischen den Buchstaben!“ „Stammt das von Ihnen?“

 

Ja natürlich. Klingt gut und sagt nichts. Macht mal  endlich ein Seminar über Gender-Konstruktion bei Friedrich Hölderlin! Gebt es mir, ihr schlappen Germanisten!

 

2 Gedanken zu „Bahnsinn Teil IV. Love me, Gender“

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