Gastbeitrag von R. H.:
Herrlich sommerlich war das Wetter im April 2007, 25 Grad, alle erwarteten schon eine Wiederholung des Supersommers von 2006 (die dann doch nicht kam), als ich zu meinem ersten Solitude-Halbmarathon startete. Es wurde mit 2:09 mein bisher flottester, weil ich damals für meine Verhältnisse schlank und gut in Form war.
Heute bin ich lahmer und fetter und laufe auf der Solitude nur noch die 10-km-Strecke, aber wieder war das Wetter so wunderbar wie 2007: Warm, sonnig, die Knospen sprießen, der Wald ergrünt …
Morgens um fünf war ich aus einem wirren Traum aufgeschreckt: In einer Stadt wollte ich mich für einen Marathon anmelden, aber die Anmeldefrist würde in wenigen Minuten ablaufen, ich hetzte mich ab und fand den Weg nicht … und S. war auch irgendwie mit dabei, aber schon längst angemeldet. (Dabei war er es gewesen, der am Vorabend – vor dem Traum – telefonisch befürchtet hatte zu verschlafen …)
Um halb sieben stand ich auf, als der über und über rote Osthimmel kurz vor dem Sonnenaufgang stand. Rein in die Klamotten, ab nach Tübingen und bei S. klingeln, der tatsächlich fast verschlafen hätte …
Weiter im Auto über die vierspurige B 27 und die A 8 nach Leonberg. Rauf auf den Berg und wieder runter nach Gerlingen. »Panoramastraße« – Nomen est omen. Parken nahe der Stadthalle. Rein in die Halle, anmelden, umziehen, Käffchen trinken, belegte Brote essen.
Ein Bus brachte uns zum Start auf den Berg. Ruhiger war es als 2007, keine Lautsprecherdurchsagen, nichts. Auf einmal knallte der Startschuß für die Halbmarathonis und zehn Minuten später für uns.
Durch diese hohle Gasse müssen sie gleich kommen, die Läufer – über den Schloßhof der Solitude nämlich. Auf diesem Foto von 2007 strahlt die Sonne so wie über unserem Lauf von 2011. Rechts das Schloß, links die »Kavaliershäuser«, d. h. die Dienstwohnungen der obersten Beamten, teilweise verdeckt
Die meisten zogen an uns vorbei, als es leicht bergauf zur Solitude ging. Rüber über den Schloßhof, Rechtsschwenk nach Süden, rüber über die vierspurige Straße Leonberg-Stuttgart und dann im Wald nach links, während die Halbmarathonis geradeaus gelaufen waren. 2007 hatte ich nach 11 Minuten die Zwei-Kilometer-Marke passiert, diesmal nach 14 Minuten. Häufig ging es leicht bergauf – für S. leicht, für mich schwer. An meinen gepreßt klingenden Antworten habe er das gemerkt und sich gefragt, ob ich wohl durchhalten würde, so S. später.
An Stößen gefällter Bäume hingen Zettel »Ohne Wald keine Zeitung« oder so ähnlich. Falls das die Reklame eines neuen Laufsponsors sein sollte (schließlich sponsert die Stuttgarter Zeitung auch den Stuttgarter Halbmarathon), dann wirkte sie bei mir eher kontraproduktiv: Schade um die schönen Bäume, dachte ich, während ich weiterkeuchte.
Nach vier Kilometern und 28 Minuten trennte sich S. von mir und keuchte langsam, aber sicher davon, war nach einigen Minuten außer Sicht (die auf dieser kurvigen Strecke meist nicht allzu weit reicht).
Bei Kilometer 5 unter der vierspurigen Straße durch nach Norden, eine Trinkstelle, und dann ging es rasend bergab durch den knospenden Frühlingswald, der noch kahl genug war für herrliche Ausblicke nach Norden ins Unterland …
Auf der Bergabstrecke kam ich als Molliger gut in Fahrt. »Sie sind aber auch immer wieder da!« rief mir eine etwas verärgert hinterher, als ich sie zum zigten Mal überholte – und schließlich war sie doch ein, zwei Minuten vor mir im Ziel; in der Ebene war sie schneller. S. berichtete später, eine vor ihm habe sich heftig gegen das Überholtwerden gesträubt, habe sich dann aber doch geschlagen geben müssen.
In flottem Lauf bergab an den Waldrand – und statt in die Wiesen wieder in scharfem Winkel hinein in den Wald und keuchend 30 Höhenmeter hinauf. Und dann wieder in flottem Lauf bergab …
Endlich rein in die Wiesen. Der Ortsrand von Gerlingen rückte näher. Als ich kurz vor Kilometer 9 war, lief S. durchs Ziel. Die schnellsten Halbmarathonis zogen an mir vorbei, lauter hagere, lang- und dünnbeinige Läufertypen, einer davon – Nr. 3 – keuchend sonderbare Laute ausstoßend.
Ich lief langsam, Kraft sparend für die herrliche Zielgerade, auf der es bergab geht und man noch einmal richtig Gas geben kann. S. stand am Rand und skandierte meinen Namen, sorgte dafür, daß später noch der Lautsprechermann mich als den bezeichnete, der »den Vogel abgeschossen hat mit seinem Hut« (meinem Panama nämlich). Zeitungsmann ist eben Zeitungsmann, der versteht was von PR 🙂
Noch ein paar Minuten, und die ersten Halbmarathonis werden ins Ziel laufen. Die schnellen Zehnkilometerläufer – die mit Zeiten unter 50 Minuten – sind schon da, die starten ja zehn Minuten nach den Halbmarathonis
Anschließend saßen wir beim Weizen in einem Straßencafé an der Zielgeraden, direkt vor meinem geparkten Auto, und jubelten den Läufern zu, die nach uns kamen. Herrlicher kann ein schöner Frühlingssonntag nicht ausklingen.
(Zeit S.: ca. 1:04, Zeit ich, R. H.: ca. 1:11; die Bilder kaufte ich 2007 an, um sie irgendwann einmal in einem Buch zu verwenden – oder jetzt wenigstens im Blog ;-))